Lange hatten wir sicher in unserem kleinen Haus gelebt. Zumindest die, die von meiner Familie noch übrig geblieben waren.
Und das waren nur noch ich, meine Mutter und mein Vater. Der Rest der Familie war zu willenlosen Sklaven der Gesellschaft
geworden. Mutierten Menschen, die nur noch eine Hülle ihrer selbst waren und von nun an einem größenwahnsinnigen
Professor dienten. Auch wenn nicht alle von ihnen durch eine Verwandlung zu solchen seelenlosen Kreaturen wurden, war das in meiner Familie leider nicht der Fall. Die Welt die ich kannte, gab es nun nicht mehr. Innerhalb von Stunden hatte sich dieser Mutanten-Virus ausgebreitet und mir alles, was mir in diesem Leben wichtig war, genommen. Freunde kannte ich nicht mehr. Niemandem konnte ich wirklich trauen. Dieses Leben hatte mich innerlich verkümmern lassen und mich so tief erschüttert und enttäuscht, dass ich mich manchmal fragte, wozu ich weitermachte. Ich war eine der wenigen, die noch Kontrolle über ihr Handeln hatten.Was konnte ich denn schon anrichten? Selbst wenn ich es schaffte mich zusammen mit meinen Eltern zu verteidigen, ich musste jede Minute meines Lebens in der ich auf mich allein gestellt war, um mein Leben bangen. Egal was ich tat, die Dunkelheit lauerte überall und manchmal fragte ich mich, wieso ich es nicht darauf anlegte.

Meine Mutter hatte sich eine Weile lang hingelegt und es war einer der Tage an denen ich unten im Wohnzimmer saß. Schock gefrostet und zu einem Gott an den ich nicht einmal glaubte, betend. Jeden Moment damit rechnen musste, dass unser Versteck gefunden wurde. Und wenn sie erstmal hier waren, waren wir verloren. Ich hörte, wie die Tür mit einem Rums aufflog. Ich begann vor Anspannung zu zittern und hielt die Luft an, um mich nicht zu verraten. Ich wartete auf hastige Schritte, Getrampel, Schreie. Doch ich hörte nichts. Mir schoss das Blut durch den Körper und ich war wie versteinert. Ich konnte den Atem der Person im Flur hören. Langsam schlich ich mich vom Wohnzimmer in den Flur, das Gewehr dicht an meinem Körper gepresst. Ich biss mir auf die Lippe und atmete ruhig durch die Nase ein uns aus, um mich zu beruhigen. Ich stellte mich an die Seite der Türschwelle, legte den Finger auf den Abzug und schaute um die Ecke. Dann lies ich das Gewehr sinken.
"Daddy!," rief ich. Mein Vater stand gekrümmt im Flur. Er hatte nicht einmal seine Schuhe ausgezogen. Stand nur da und atmete laut ein und aus, in seiner Hand eine Tüte. Er hielt die Tüte triumphierend hoch. "Ich hab was zu essen bekommen!," verkündete er. Aber er klangt nicht freudig, er sagte es als hätte er die Post aus dem Briefkasten mitgebracht. Ich nickte stumm. Irgendwas lag in der Luft, irgendetwas stimmte hier nicht. Das konnte ich fühlen, die Spannung im Raum war so intensiv, dass man sie mit einem Feuerzeug hätte anzünden können. Wir gingen in die Küche und setzten uns gegenüber voneinander an den alten, kaputten Tisch. Immer noch sagte keiner von uns ein Wort. Ich weiß nicht, ob ich mich genauso merkwürdig verhielt wie er, aber ich traute mich einfach nicht irgendetwas zu sagen. Er stellte die Tüte in die Mitte und gab mir eine Dose mit Mais aus einem Supermarkt.
Er erkundigte sich nach Mam. "Die schläft noch, soll ich sie wecken?" fragte ich. Er schüttelte nur betrübt den Kopf. "Nein, wir lassen sie lieber schlafen," sagte er ruhig. Ich wendete meinen Blick nicht von ihm ab, als ich die Dose öffnete. Und wären seine nächsten Worte nicht so schrecklich ausgefallen, wäre ich verdammt erleichtert gewesen, dass er mir endlich alles erklärte.
"Lilliane, ich wurde infiziert," sagte er.

//Tut mir leid, dass es so viel geworden ist. Ich hatte auf einmal die ganze Idee im Kopf und wollte sie auch loswerden. :)